Sommerseminar Rottweil 2018 – und was nachwirkt

Bisher fand ich noch keine Zeit, dem Wunsch nachzukommen, als Teilnehmer etwas zu meinen Eindrücken vom Sommerseminar in Rottweil mit Herrn Matsuo-sensei, Sven Zimmermann und Manfred Speidel zusammenzufassen. Mit vier Wochen Abstand kann ich nun – und das ist auch ein grundlegender Gedanke – darüber nachdenken, was ist „hängen geblieben“?

Einmal sicher der Eindruck eines sehr gut organisierten Seminars (Informationen, Tagesplanung, Dojoübernachtung und Versorgung), wodurch ich mich als Teilnehmer ganz auf mein Kyudo konzentrieren konnte. Dafür nochmal einen herzlichen Dank an Bernhard Weller und seine MitstreiterInnen des Rottweiler Dojos.

Dann – was ist bei mir als Kyudoka „hängen geblieben“?

Zuerst einmal das intensive Üben in einer konzentrierten und gesammelten Atmosphäre, die durch den Sensei und Sven Zimmermann erzeugt werden konnte. Ihre Korrekturen orientierten sich über den Seminarverlauf an einem für jede(n) Kyudoka – nach individuellen Vorschießen – festgelegten, klar umgrenzten Schwerpunkt und blieben auch über den gesamten Seminarverlauf im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit (das Bild vermittelt einen Eindruck des konzentrieren Arbeitens). Die Sorgfalt (Manfred Speidel wählte diesen Begriff in seiner Übersetzung einer Lehreinheit von Matsou-sensei und von diesem als die „gewissenhafte und sehr genaue Ausführung einer Aufgabe“ verstanden) war immer wieder in den Korrekturen der Übungsleiter selbst präsent: Nichts Nebensächliches oder Unnötiges wurde angemerkt, sondern die besprochene Aufgabe immer wieder fokussiert und so die Motivation für jede(n) Schützin/Schützen geschaffen, „dran zu bleiben“ und sich immer weiter anzustrengen das beabsichtigte Ziel zu erreichen. Dieses Bemühen um „Sorgfalt“ und gemeinsamer „Resonanz“ (Rosa, 2018) wirkt auch heute noch bei mir nach und beeinflusst mein Schiessen im heimatlichen Dojo.

Ein Inhalt der theoretischen Lehreinheit von Matsuo-sensei wirkt ebenso dauerhaft nach: Das Potenzial, das in der Arbeit mit „Vorstellungsbildern“ – von Manfred Speidel als „Imagetraining“ übersetzt – liegt. Sowohl technische Inhalte des eigenen Schießens bzw. des individuellen Bewegungsablaufes, als auch die seelische Verfassung während der gesamten Hassetsuabfolge können so in einem hoch individuellen „Vorstellungsbild“ integriert und dadurch verankert werden. Und somit ein Üben und Weiterentwickeln der eigenen Kyudofertigkeiten durch bewusste kognitive Simulation des gesamten Bewegungsablaufes – ohne dessen praktische Ausführung – möglich machen (vgl. hierzu auch Eberspächer, 2004).

Abschließend noch ein drittes „Nachwirken“: Ich habe es als wertvoll und bereichernd empfunden, gemeinsam mit einem Übungsleiter meines Heimatdojos am Seminar teilzunehmen – somit kann ich die Umsetzung der von Matsou-sensei und Sven Zimmermann gegebenen Korrekturen immer wieder im Kyodoalltag hinterfragen und möchte alle Kyudoka nur anregen, Seminare gemeinsam zu erleben, Erfahrungen zu teilen und diese somit im gegenseitigen Austausch möglichst lange nachwirken zu lassen.

Andreas Frenzel (Kyudo Erlangen e.V.)

Literatur:

Eberspächer H. Mentales Training: Das Handbuch für Trainer und Sportler. München 2012: Copress

Rosa H, Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin 2018: Suhrkamp